DER ACKERBAU IN DER JUNGSTEINZEIT


Im Vorderen Orient, dem sogenannten Fruchtbaren Halbmond, wurde Wildgetreide zwischen 9500 und 8500 v. Chr. angebaut, domestiziert wurde es um 7600 v. Chr. Die ersten Bauern- und Hirtenkulturen dieses Gebietes begründeten damit die Jungsteinzeit - durch bewußten Pflanzenanbau und Tierhaltung entwickelt sich aus der 'aneignenden Daseinssicherung' der nomadenhaften Jäger und Sammler die 'produzierende Wirtschaftsweise' von seßhaften Ackerbauern und Viehzüchtern. Über den Mittelmeerraum und Südosteuropa drangen diese neuen Wirtschaftsformen schließlich nach Mitteleuropa vor und erreichten um 4500 v. Chr. auch Nordeuropa.

Zu den angebauten Pflanzensorten gehörten verschiedene Getreide- und Gemüsearten. Zusammen mit den Hülsenfrüchten Erbsen und Linsen und der Ölpflanze Lein stellen die vier Getreidearten Einkorn, Emmer, Nacktweizen und Gerste jene entscheidenden Kulturpflanzen, mit denen die Landwirtschaft einsetzt.

In ganz Europa bildeten sich kleine Dorfgemeinschaften, in denen Bauern, Viehzüchter und Handwerker zusammenlebten, deren Jahresablauf im wesentlichen von der Arbeit auf dem Acker und dem jährlichen Einbringen und Verarbeiten der Ernte geprägt war.

Da der überwiegende Teil Europas von Mischwald bedeckt war, mußten zunächst Bäume gerodet werden, um Platz für freie Anbauflächen zu schaffen. Dazu benutzte man Steinbeile und -äxte oder griff auf das Feuer zurück.

Beim Brandrodungsfeldbau müssen zunächst die großen Stämme mit Beilen gefällt werden, bevor Sträucher und kleine Bäume abgebrannt und anschließend die Wurzeln entfernt werden können. Die Asche sorgt dabei bereits für eine gewisse Düngung des Ackers. Der Nachteil der Brandrodung liegt darin, daß durch Erosion, d.h. durch den Einfluß von Wind und Regen, die dünne Humusschicht schnell abgetragen wird.

Beim Schwendbau wird nur der Bewuchs über dem Boden abgeschlagen und verbrannt, das Wurzelwerk bleibt zurück und schützt den Boden vor Erosion. Allerdings kann zur weiteren Bodenbearbeitung auf Grund der Wurzeln kein Pflug eingesetzt werden. Darüberhinaus wird der Boden durch das alte Wurzelwerk und die Kulturpflanzen doppelt belastet, weshalb der Nährstoffgehalt rascher abnimmt.

Der Anbau fand nicht auf großangelegten Flächen, sondern vermutlich auf kleinen, von Buschwerk und Bäumen umgebenen Äckern und Feldern statt. Diese wurden z.T. noch mit Flechtzäunen (aus Holzpfählen und Weidenruten) umgeben, um sie vor der Witterung und Tieren (Wildfraß) zu schützen.

Für die Bodenbearbeitung standen zunächst Grabstöcke bzw. Pflanzhölzer zur Verfügung, die später von Furchenstöcken, mehrzinkingen spatenähnlichen Geräten und Holzspaten zum Graben der Saatlöcher abgelöst wurden, bevor der Pflug zum Ziehen der Furchen erfunden wurde.

Zur Ernte des Getreides setzte man einfache Erntemesser und schließlich kurze Handsicheln, welche die Halme dicht über dem Boden abschnitten, ein. Die Getreideähren wurden vermutlich in Körben gesammelt und später gedroschen, um die Körner aus den Ähren des Getreides zu befreien.

Neben den verschiedenen Getreidesorten wurden noch Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und Linsen gesät. Auch dabei wurden die Pflanzen kultiviert - bei wildgewachsenen Hülsenfrüchten sprangen die Hülsen leichter auf, bei vom Menschen angebauten Pflanzen blieben die reifen Hülsen geschlossen. Außerdem wurden Nutzpflanzen wie Lein bzw. Leinsamen, Schlafmohn und Flachs gezielt angebaut.

Bereits in der Jungsteinzeit entwickelten die Bauern das System des Fruchtwechsels zur Steigerung des Ertrages bzw. zur Schonung des Bodens - man verhinderte damit, dass er einseitig ausgelaugt wurde. Im ersten Jahr wurde z.B. Einkorn ausgesät, im Folgejahr kam die Erbse als Schwachzehrer und Stickstoffdüngung an die Reihe - Hülsenfrüchte entwickeln zusammen mit Bodenbakterien an den Wurzeln der Pflanzen Stickstoffknöllchen, weshalb nach dem Absterben der Planze ein Teil dieses Stickstoffes in den Boden übergeht und zur Düngung beiträgt. Nach der Ernte ließ man den Acker für ein Jahr brachliegen und benutzte ihn als Viehweide. Durch die Exkremente des Weideviehs wurde die Bodenqualität weiter verbessert.


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