DER RETUSCHEUR


Im Umfeld des Eismannes wurde dieses einzigartige bleistiftähnliche Werkzeug entdeckt, bei dem es sich Untersuchungen zufolge um einen sogenannten Retuscheur (auch Druckstab genannt) handelt, der zur Bearbeitung von Steingeräten eingesetzt worden war.

Das Werkzeug besteht aus einem 11,5 cm langen und 2,6 cm breiten entrindeten Lindenast. Das hintere Ende ist gerade abgeschnitten und mit einer eingeschnittenen Kerbe versehen. Vermutlich wurde in diese Kerbe eine Schnur geknotet, um den Gegenstand am Gürtel festmachen zu können.

Am anderen Ende ist der Lindenast zugespitzt worden. Anschließend wurde hier ein 5 cm langer Dorn so in den Markkanal des Astes getrieben, daß er noch 4 Millimeter herausragt. Bei diesem vorstehenden Stift handelt es sich um einen rundgeschnitzten und geglätteten Hirschgeweihspan, dessen abgerundetes Vorderteil außerdem noch feuergehärtet wurde.

Am vorderen Schaftteil des Retuscheurs befindet sich ein Riss. Dieser Spalt wird bewußt eingeschnitten, um im weichen Holzschaft den Druck des harten Geweihstiftes abzufedern.

Der Retuscheur diente zur Weiter- und Feinbearbeitung der Feuersteinabschläge. Unter dem Druck des Retuscheurs splittern kleine muschel- oder schuppenförmige Steinspäne ab. Eine Silexklinge kann durch dieses sogenannte 'Abdrücken' oder 'Abpressen' an ihren Rändern in die gewünschte Form gebracht werden.

Darüberhinaus können mit diesem Gerät jederzeit die Schneiden und Spitzen von Steingeräten nachgeschärft werden.

Wird der Kopf des Retuscheurs stumpf, kann er durch Nachspitzen wieder einsatzbereit gemacht werden.

Solche Retuscheure treten in verschiedenen Erscheinungsformen (meist aus Knochen oder Geweih) auf; Experimente haben ergeben, daß Ötzls Modell seine Aufgabe optimal erfüllt.


© 2003 PIRG