DIE KERAMIK DER JUNGSTEINZEIT


Neben Ackerbau und Viehzucht ist die Töpferei eines der wesentlichen Merkmale der Jungsteinzeit. Keramik ist der erste vom Menschen künstlich hergestellte Werkstoff, bei dem Erzeugnisse aus Ton und Lehm bei hohen Temperaturen gebrannt werden.

Während gebrannte Tonfiguren bereits deutlich älter sind, entstehen die ersten Gebrauchsgegenstände aus Keramik (Gefäße etc.) erst ca. 7000 - 8000 Jahre v. Chr. im Vorderen Orient. Endgültig setzt sich die Keramikproduktion in diesem Gebiet um 6000 v. Chr. mit den ersten jungsteinzeitlichen Kulturen durch. Vom Vorderen Orient und Nordafrika ausgehend breitet sich das Töpferhandwerk über das Mittelmeergebiet und den Balkan aus und erreicht schließlich Mitteleuropa.

Die Bedeutung der Keramik läßt sich auch daran erkennen, daß jungsteinzeitliche Kulturen nicht nur nach bedeutenden Fundorten oder Bestattungsarten, sondern häufig auch nach den Formen oder der Verzierung ihrer Keramikgefäße benannt wurden. Tongefäße sind so ein wichtiges Merkmal bei der Unterscheidung von einzelnen Kulturgruppen der Jungsteinzeit.


Die bandkeramischen Kulturen haben ihre Namen von den typischen bänderartigen Mustern erhalten, die ihre Gefäße überziehen. Dabei unterscheidet man die linienbandkeramische und die stichbandkeramische Kultur.

Bei Gefäßen der linienbandkeramischen Kultur (siehe erstes Gefäß von links) bestehen die Bänder aus durchgezogenen Linien, während bei der stichbandkeramischen Kultur (siehe zweites Gefäß von links) die Linien mit einem spitzen Werkzeug punktiert wurden.

Die linienbandkeramische Kultur wird zwischen 5800 und 4500 v. Chr. angesiedelt und reichte vom Ärmelkanal bis zum Schwarzen Meer (Nordfrankreich, südliches Belgien und Holland, Mittel- und Süddeutschland, Tschechien und Slowakei, nördliches Österreich, Mittel- und Südpolen, Nordungarn, Ukraine und Moldawien). Zu den Gefäßen dieser Kultur gehören rundbödige Schalen und Flaschen, große unverzierte Vorrats- und Transportgefäße sowie Eß- und Trinkgeschirr. Die Oberflächen der Gefäße sind geglättet und poliert, die Verzierungen bestehen aus eingeritzten oder gerillten Linien und Linienbändern. Die Verzierungen umfassen zahlreiche Formen, u.a. Spiralen, Wellen, Bögen, Zickzackreihen, Kreuze und Dreiecke.

Die stichbandkeramische Kultur dauerte von ca. 4900 bis 4500 v. Chr. und war im östlichen Mitteleuropa - Bayern, Sachsen, Thüringen, Tschechien, Slowakei und auch Niederösterreich - zu finden. Die Formen der Gefäße entsprechen jenen der linienbandkeramischen Kultur, zu den verwendeten Mustern gehören u.a. Zickzackbänder, Kreuz- und Schachbrettmuster.

Die schnurkeramischen Kulturen (siehe drittes Gefäß von links) sind nach ihren charakteristischen Verzierungen benannt, die durch den Abdruck von geflochtenen Schnüren in den noch ungebrannten Ton entstanden sind. Mit Holzstäbchen konnten auch weitere Muster eingedrückt werden.

Diese schnurkeramischen Kulturen, manchmal auch als Becher-Kulturen oder Streitaxt-Kulturen bezeichnet, sind im Zeitraum von 2800 - 2400 c. Chr. zu finden und umfaßten die Gebiete vom Elsaß bis zur Ukraine bzw. von der Westschweiz bis Südnorwegen. Die wichtigsten Gefäßtypen sind rundbauchige Amphoren und hohe schmale Becher, als Verzierung dienen u.a. Linien-, Zickzack-, Strichbündel-, Tannenzweig-, Dreiecks-, Trapez- und Felchtmuster.


Zu den Kulturen, die ihren Namen von der Gefäßform ableiten, gehört u.a. die sogenannte Trichterbecher-Kultur (siehe die beiden ersten Beispiele unten). Wie der Name bereits sagt, fallen hier die besonders breiten trichterförmigen Hälse der Trinkbecher auf.

Die Trichterbecher-Kultur, von 4300 bis 2700 v. Chr., war v.a. in Nordost- und Nordwestdeutschland, Dänemark und Südschweden beheimatet. Alle Gefäße dieser Kultur - neben Bechern Vorratsgefäße mit und ohne Ösen, Amphoren, Flaschen und flache Platten - besitzen einen geraden Boden. Verziert sind sie häufig mit feinen Einstichen, Strichmustern und Schnurabdrücken.

Die Gefäße (siehe drittes Beispiel) der Glockenbecher-Kultur (2500 - 2200 v. Chr.) - eine der weiträumigsten Kulturen, die den größten Teil Europas von Portugal bis Ungarn bzw. von Italien bis England bedeckte - wirken dagegen wie umgedrehte Glocken. Die Farbe der üblicherweise horizontal verzierten Gefäße ist meist gelbrot.

Die oberitalienische Kultur Vasi a bocca quadrata (4500 - 3500 v. Chr.) wiederum hat ihren Namen von den quadratischen Öffnungen ihrer Gefäße erhalten (siehe Beispiele vier und fünf).

Dagegen besitzen die Gefäße der sogenannten Kugelamphoren-Kultur - eine zwischen 3100 und 2700 v. Chr. in Osteuropa (Ostdeutschland und Polen) beheimatete Kultur - einen kugeligen Unterteil und einen röhrenförmigen Hals. Die Henkel waren notwendig, um ein solches Gefäß aufhängen zu können, da es wegen seines gewölbten Bodens nicht aufgestellt werden konnten (siehe Beispiel sechs).



Tongefäße ermöglichten es den Menschen ihre Nahrungsmittel besser zu kochen und länger aufzubewahren. Beim Kochen wurde der Topf entweder ins Feuer gestellt oder darüber gehängt. Mitunter gab man aber auch einfach heiße Steine in das Tongefäß, um die Speisen auf diese Weise zu erwärmen.

Bereits in der Steinzeit gab es die unterschiedlichsten Gefäße - von Schalen, Schüsseln und Töpfen über Amphoren, Krügen, Kannen und Flaschen bis hin zu Bechern und Tassen in den verschiedensten Formen und Größen ist alles zu finden.


Becher & Tassen


Amphoren & Töpfe

   


Schüsseln & Schalen


Kannen, Krüge & Flaschen

 

 

Man findet Flaschen mit dünnen Hälsen oder - auf Grund der Verdickung am Flaschenhals so bezeichnete - "Kragenflaschen", Becher und Kannen mit und ohne Henkel, Amphoren mit Ösen usw. Die Ösen an den Außenseiten von manchen größeren Gefäßen dienten vermutlich dazu, diese an Schnüren aufzuhängen, um den Inhalt besser vor Mäusen u.ä. zu schützen.


Keramik wurde aber nicht nur für die Herstellung von Gebrauchsgegenständen eingesetzt. Eine wichtige Verwendung fand dieses Material auch bei kultischen Gegenständen - menschliche und tierische Figuren aus Ton gab es, wie anfänglich erwähnt, schon seit längerer Zeit.

Dazu kommen nun auch Gefäße, die auf Grund ihrer seltsamen Formen vermutlich für kultische bzw. religiöse Zwecke verwendet wurden. So fand man u.a. sogenannte Drei-Tüllen-Gefäße, d.h. Gefäße mit drei Öffnungen, sowie Schalen, die Menschen und Tieren nachgestaltet waren.


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