DAS NETZ


Unweit der Gletscherleiche wurden die Reste eines Netzes entdeckt. Diese Fragmente lassen allerdings keinen Rückschluß auf die ursprüngliche Größe des Netzes mehr zu. Aber man kann noch erkennen, daß das Netz ziemlich grobmaschig geknüft worden war. Immerhin beträgt die Maschenweite zwischen zwei Knoten ungefähr fünf Zentimeter.

Als Material für das Netz kamen Grasschnüre zur Anwendung, die aus zwei in Z-Richtung gedrillten Strängen gezwirnt wurden. Die Stärke dieser Grasschnüre beträgt ca. zwei Millimeter.

Aller Wahrscheinlichkeit nach diente das Netz dem Mann aus dem Eis zum Vogelfang. Zu diesem Zweck wurde das Netz zwischen Büschen versteckt aufgespannt, so daß sich Vögel (Spatzen u.ä.) in seinen Maschen verfingen. Nachdem man den Vögeln die Köpfe umgedreht hatte, wurden sie gerupft und gebraten oder in einer Suppe gegart.

Auch bei der Jagd auf Kleintiere konnte das Netz eingesetzt werden. Man trieb z.B. Hasen in das Netz und erledigte sie dann mit einem gezielten Keulenschlag.

Ein weiterer Verwendungszweck eines Netzes war der Fischfang. In Bächen konnte ein Netz zwischen Steinen gespannt werden, in Seen wurde von einem Einbaum aus gefischt.

Auch der Einsatz als Tragebeutel für den Transport von verschiedenen Dingen ist für das Netz denkbar. Allerdings dürfte Ötzls Netz für die beiden letztgenannten Zwecke auf Grund der Maschenweite zu groß gewesen sein.


Noch ältere Funde als die Netzreste der Gletschermumie sind beispielsweise die zahlreichen Fragmente von Garnen, Zwirnen, Schnüren, Seilen und Netzen des Moorfundplatzes Friesack im Kreis Havelland im brandenburgischen Rhin-Luch, die aus der Zeit von 9000 bis 8000 v. Chr. stammen. Für das dort entdeckte geknotete Netz kam der sogenannte 'Fischerknoten' zur Anwendung.


Im folgenden Beispiel eines geknüpften Netzes wird auf zwei verschiedene Knotentechniken zurückgegriffen. Zu Beginn setzt man bei der ersten Masche einen sogenannten 'Kreuzknoten' ein, für die weiteren verwendet man den 'Einfachen Schotstek'.

Kreuzknoten,
auch Weberknoten oder Samariterknoten genannt

Einfacher Schotstek,
auch Gekreuzter Weberknoten oder Weberkreuzknoten genannt

Beim Knüpfen der ersten Masche legt man auch die Größe derselben fest. Die Masche wird mit einem Kreuzknoten geschlossen. Anschließend hängt man die Masche so auf, daß sie schlaff nach unten hängt und sich ihr Kreuzknoten in der Mitte der linken Seite befindet.

Um nun immer dieselbe Maschengröße beizubehalten, richtet man sich ein Holzstück als Meßlatte zurecht. Dieses sollte halb so hoch sein wie die nach unten hängende Schlaufe. Nun wird die Schnur einmal um das Holzstück gewunden und dieses so weit hochgezogen, bis es den unteren Rand der Masche berührt (Abb. 1). Der erste Knoten muß sich dabei, wie bereits erwähnt, auf der Höhe der Mitte der ersten Masche befinden. Nun beginnt man am unteren Ende der Masche den zweiten Knoten zu knüpfen, einen 'Einfachen Schotstek' (Abb. 2 & 3).

Hat man den Knoten festgezogen und damit die zweite Masche fertiggeknüpft, dreht man das ganze Gebilde für die dritte Masche nach rechts und wiederholt den Vorgang mit einem weiteren 'Einfachen Schotstek' (Abb. 4). Anschließend wird alles wieder nach links gedreht, die nächste Masche geknüpft usw.

Auf diese Weise erhält man schließlich eine Doppelreihe von Maschen. Sobald die gewünschte Länge erreicht ist, kann man diese Doppelreihe an einem Stock aufhängen und der Breite nach weiterknüpfen (immer eine Reihe von rechts nach links und dann von links nach rechts), bis das Netz fertiggestellt ist.


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