EPILOG 1936
L 100 blieb verschollen – für immer, dachte
ich. Bis ich heute morgen beim Frühstück im »Daily New Yorker«
auf folgenden Beitrag stieß:
»Von
unserem Berliner Korrespondenten. Bei einer Pressekonferenz in Berlin,
wo er die Olympischen Spiele besucht, gab der weltberühmte schwedische
Forschungsreisende Sven Hedin bekannt, er habe während seiner letzten
großen Asien-Expedition in einem bislang unerforschten Teil der
persischen Salzwüste Descht-i-kewir die Überreste eines Luftschiffs
entdeckt, das, wie aus diversen Anzeichen hervorgehe, einst zur deutschen
Weltkriegsflotte gehört habe. Bei einer ersten kursorischen Untersuchung,
die Mr. Hedin anstellte, ergab sich, daß das Luftschiff abgestürzt
und ausgebrannt war. Wie ein deutscher Kriegs-Zeppelin in diesen entlegenen
Teil Persiens geriet, bleibt vorerst ein Rätsel. Das Berliner Reichsluftfahrtamt,
dem Mr. Hedin Notizen und Photographien übergab, wird die Angelegenheit
untersuchen.«
Das
las ich – und plötzlich war es wieder sehr gegenwärtig,
mein Abenteuer im Mai 1916, vor zwanzig Jahren. Aufgeschrieben hatte ich
es weder damals noch später, im Gegenteil, ich hatte mich immer bemüht,
möglichst wenig daran zu denken. Das lag vor allem an den höchst
unerfreulichen Umständen, deren Zeuge ich sein mußte, ohne
sie in irgendeiner Form günstig beeinflussen zu können.
Aber
jetzt habe ich mich doch entschlossen, die Geschichte zu erzählen.
Denn genau genommen ist meine Rolle darin trotz einer gewissen erzwungenen
Passivität nicht durchweg negativ.
Lassen
Sie es sich gesagt sein, mein lieber Hatch: Sie haben sich nichts vorzuwerfen.
Sie haben vielmehr Grund, stolz auf sich zu sein.
Ach,
wirklich, Professor?
Wer
hätte gedacht, daß Sie, mein lieber Hatch, ausgerechnet Sie
fähig seien, selbständig und in souveräner Manier einen
Fall von derartiger Komplexität zu lösen?
Selbständig?
Wie man's nimmt. In erster Linie habe ich Ihre Ratschläge befolgt,
Professor.
Stellen
Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel, mein lieber Hatch. Der Held des
Falles sind Sie, ohne Wenn und Aber. Erstaunlich. Doch wie pflegte ich
des öfteren so richtig zu sagen? Nichts ist unmöglich.
Sie
wissen es, meine Damen und Herren: Das letzte Wort gebührt Professor
van Dusen, immer und überall. In diesem Sinne: Leben Sie wohl!
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© 2009 Michael Koser |
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