Die
Van-Dusen-Hörspiele |
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Liste der Professor-van-Dusen-Hörspiele in der Reihenfolge ihrer Produktion:
Links: "Das van Dusen Handbuch" wird von Uwe Bolick betreut und basiert auf dem 'Kompendium' von Carsten Müncheberg, der ersten Datensammlung zu den Professor-van-Dusen-Hörspielen. Eine Liste der Musikstücke bei Professor van Dusen wird von Markus Barnick geführt. Das "Professor van Dusen" CD-Cover-Archiv enthält die stimmungsvollen Cover-Illustrationen von Lars Vollbrecht.
Die Geschichte der Hörspielreihe Im Jahre 1978 schlägt Michael Koser dem RIAS Berlin vor, Kriminalgeschichten aus der Zeit der Jahrhundertwende als Hörspiele für das Radio zu bearbeiten. Während die Hörspielabteilung des Senders dieser Idee reserviert gegenübersteht, greift Hans Rosenthal, der Leiter der Unterhaltungsabteilung, zu. Koser bereitet unter anderem zwei Kurzgeschichten von Jacques Futrelle – "The Lost Radium" und "The Problem of Cell 13" – um den genialen Wissenschaftler und Amateur-Kriminologen Professor Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen als Hörspiele auf. Der Erfolg gerade dieser beiden "Professor van Dusen"-Episoden – "Eine Unze Radium" und "Das sicherste Gefängnis der Welt" – bei den Hörern veranlasst Hans Rosenthal und die Redakturin Ursula Drews, Koser mit einer Fortführung dieser Hörspiele als eigenständige Reihe zu betrauen.
Michael Koser setzt bei den nächsten drei Folgen auf weitere von Futrelle stammende Vorlagen. Da ihm aber die restlichen Geschichten des amerikanischen Autors für eine Hörspielumsetzung nicht geeignet erscheinen, entschließt er sich während eines Ferienaufenthaltes an der französischen Atlantikküste eigene Fälle zu erfinden. Hier wird auch die Idee geboren, Professor van Dusen und seinen Begleiter und Chronisten Hutchinson Hatch, Reporter beim fiktiven Daily New Yorker, auf eine Weltreise zu schicken, auf deren einzelnen Stationen sie diverse Kriminalfälle lösen. Von New York aus führt die Reise das ungleiche Paar 1903 zunächst über den Atlantik nach England und Schottland und dann weiter nach Frankreich und Deutschland. Danach folgen ein Abstecher nach Monte Carlo, bevor es über die Schweiz wieder nach Deutschland geht. Die Reise wird schließlich über Russland und Rumänien in die Türkei und nach Ägypten fortgesetzt, weitere Aufenthalte sind Singapur und Shanghai. Nach einem Schiffbruch im Pazifik treffen Professor van Dusen und sein Begleiter 1906 wieder auf dem amerikanischen Kontinent, d.h. in San Francisco, ein. Bei einer einzigen Folge greift Michael Koser dabei wieder auf eine Geschichte von Futrelle zurück, als er Hutchinson Hatch während der Bahnfahrt von Frankreich nach Deutschland vom ersten Fall der "Denkmaschine" berichten lässt. Unter Kosers Einfluss verändert sich der Charakter der Fälle und des Professors erheblich. Ironie, die bei Futrelle noch keine Rolle spielt, wird nun zu einem bestimmenden Element in den Geschichten. Die Fälle selbst nehmen immer groteskere und abenteuerlichere Züge an. Ein wichtiges Merkmal der neuen Folgen ist die Parodie, deutlich erkennbar an den zahllosen Anspielungen an die klassische Trivialliteratur – Sherlock Holmes, Graf Dracula, Arsène Lupin, Fantômas, Dr. Fu Manchu etc. Dabei gelingt es Koser aber stets, die Geschichte selbst im Vordergrund zu halten und die eigentliche Handlung nicht zu vernachlässigen. Die stimmige Beschreibung der Schauplätze, die detaillierte Ausarbeitung des historischen Hintergrundes und der Einsatz nostalgischer Elemente tragen dabei wesentlich zur Atmosphäre der zur Jahrhundertwende spielenden Reihe bei.
Nicht zu unterschätzen für den Erfolg der Hörspiele ist natürlich ihre sorgfältige Produktion. Hauptverantwortlich dafür zeichnet Regisseur Rainer Clute, der die Serie von Folge 2 an betreut, nachdem die erste Folge noch unter Leitung von Dietrich Auerbach entstanden war. Seine geschickte Auswahl der zu Inhalt und Schauplatz der jeweiligen Folge passenden Musikstücke zählt zu den spezifischen Merkmalen der Serie. Von größter Bedeutung ist natürlich die Wahl der Sprecher – und mit Friedrich W. Bauschulte als "Professor van Dusen" und Klaus Herm als "Hutchinson Hatch" sind die beiden Hauptrollen wohl ideal besetzt. Während Friedrich W. Bauschulte von Dietrich Auerbach vorgeschlagen wird, ist Klaus Herm ein Wunschkandidat von Rainer Clute. Nach vier Jahren und 24 Folgen entschließt sich Michael Koser, die Serie im Jänner 1982 zu beenden und lässt Professor van Dusen in der Episode "Die Erde hat ihn wieder" auf spektakuläre Weise ums Leben kommen. Massive Hörerproteste, die per Brief und Telefon beim Sender einlangen – u.a. trifft sogar eine regelrechte Beileidskarte aus der DDR ein –, veranlassen Koser und RIAS Berlin, die Reihe wieder aufzunehmen. Bereits wenige Monate später wird die Serie am 25. April im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung – wohl einmalig für eine Hörspielreihe – mit der 25. Episode fortgesetzt. Hutchinson Hatch wird von nun an weitere Fälle aus seiner "Mappe" auswählen und in Rückblenden erzählen, die sich zwischen 1898 und 1906 in den USA und während seiner Weltreise mit dem Professor zugetragen haben. Um den Seriencharakter stärker zu betonen, führen die neuen Episoden nun (fast) immer den Namen des Professors im Titel.
Weitere vier öffentliche Jubiläumsveranstaltungen bis 1999, die Gründung eines eigenen Fanclubs im April 1986 und zahlreiche, im Laufe der Jahre erschienene Zeitungsartikel und Zeitschriftenreportagen zum Thema bzw. Phänomen "Professor van Dusen" zeugen vom Kultstatus der mit 79 Folgen wohl langlebigsten und umfangreichsten Hörspielreihe im deutschen Sprachraum. 1993 werden die Sender RIAS Berlin, Deutschlandfunk und Deutschlandsender Kultur in den Sender DeutschlandRadio Berlin zusammengefasst, der die Reihe ab Folge 70 produziert. Gerüchte über eine mögliche Einstellung der Serie werden aber immer wieder laut und schließlich kündigt das DLR im Mai 1997 die Einstellung von "Professor van Dusen" zugunsten einer neuen Serie von Michael Koser an. Die Proteste der Hörergemeinde bleiben nicht aus, selbst die Berliner Presse nimmt Notiz von der Angelegenheit. Dem öffentlichen Druck Anfang 1998 nachgebend gibt der Sender bei Michael Koser einen letzten Fall des Professors in Auftrag. Ursprünglich für Mitte des Jahres 1998 vorgesehen, verschiebt sich die Produktion der 79. Folge bis ins Jahr 1999. Am 24. April erfolgt eine öffentliche Voraufführung von "Van Dusens größter Fall" in Wilhelmshaven. Diese letzte Folge spielt in Berlin und Wilhelmshaven des Jahres 1912, als Professor van Dusen gewissermaßen "von den Toten aufersteht" und gemeinsam mit Hutchinson Hatch den Ausbruch eines Krieges zwischen England und Deutschland verhindert, den sein größenwahnsinniger Bruder Caligula auszulösen versucht. Am Ende des Abenteuers sticht der Professor – wie sein geistiger Vater Jacques Futrelle – mit der Titanic in See. Die Erstausstrahlung dieser Episode im Radio folgt beim DLR am 8. Mai im Rahmen einer 'langen Nacht' im Anschluss an ein einstündiges Feature mit dem Titel "Der Fall van Dusen".
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© 2004
Michael Koser, Gerd Pircher |