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Michael Koser zu Gast an der hörBAR von Radio Z
Transkript eines Radio-Interviews, das auf der Website von Cassandra's Run im O-Ton vorliegt.

Vor einigen Monaten erschien die erste Folge der Kultserie im Hörverlag. Grund genug für uns, nach Bremen zu reisen und Michael Koser zu besuchen, um mit ihm über seinen letzten Privatdetektiv zu quatschen. Und Michael Koser weiß, hinter den Kulissen zur Serienproduktion lief in den 80er- und 90er-Jahren längst nicht immer alles wie geschmiert.

Michael Koser: Bei Jonas haben die Regisseure ja gewechselt und das war eine ganz vertrackte Geschichte. Jonas ist ja in Staffeln zu je vier Folgen geschrieben – von mir – und produziert worden – vom Bayerischen Rundfunk. In der ersten Staffel war es Heiner Schmidt, der dann gestorben ist nach der vierten. Plötzlich. An Herzschlag. Auf der Autobahn.

Und dann, weil sich so schnell – es war kurz vor Produktion der zweiten Staffel – weil sich so schnell niemand fand, sprang dann der Hörspielleiter des Bayerischen Rundfunks, damals Dr. Hasselblatt, ein. Als Regisseur. Er hat auch viele Regiearbeiten gemacht, und mir war das recht. Bei der ersten Vorbesprechung im Studio brach er zusammen – mit einem Schlaganfall. Er ist zwar nicht gestorben, aber er konnte natürlich dann nicht produzieren.

Dann wurde händeringend jemand gesucht und viele Regisseure lehnten ab, weil sie jetzt Angst kriegten. Manche, die also Ahnung von der Schifffahrt hatten, denen fiel ein, dass ein Jonas an Bord eines Schiffes ein Unglücksbringer ist. Ein Jonas an Bord eines Schiffes führt dazu, dass Stürme kommen – das hängt natürlich mit der alten biblischen Geschichte von Jonas mit dem Walfisch zusammen. Und viele trauten sich dann nicht an die Serie.

Bis dann ein Hausregisseur vom Bayerischen Rundfunk kurzerhand die Sache übernahm. Alexander Malachovsky hieß er. Hat das auch sehr schön gemacht. Bis – ich weiß nicht – bis ungefähr zur 35. Folge, dann starb der Arme auch. Und dann machte es Werner Klein vom Hessischen Rundfunk. Ein furchtloser Mensch. Soviel ich weiß, lebt er immer noch.

hörBAR: Hatten Sie Einfluss auf die Besetzung?

Michael Koser: Ich hab mit den Regisseuren darüber gesprochen, aber ich hab mich gehütet, sehr viel Einfluss darauf zu nehmen. Außer es hat mir irgendein Vorschlag überhaupt nicht gefallen. Das ist aber – ich glaube – eigentlich fast nie passiert.

hörBAR: Auch beim Jonas, dem letzten Detektiv, ist die Musik sehr interessant, als ein gewisser Frank Duval am Start ... der ja später einen Namen bekommen hat. Oder hatte er den damals schon?

Michael Koser: Er hatte schon einen gewissen Namen. Ich glaube, er hat schon so einiges produziert – an Pop oder Schlager, ich weiß hier nicht, was das war.

Nee, das war ein Vorschlag vom Bayerischen Rundfunk. Jonas wurde richtig konzipiert von mir zunächst ... als eine Serie ... und schon ziemlich genau überlegt. Und deswegen sollte er dann auch eine Serienmusik kriegen und die ging dann zu Duval. Hasselblatt vom Hörspiel kannte Duval und hat ihn dazu gebracht, ich glaube für 'n Appel und 'n Ei, die Musik zu machen.

hörBAR: Wenn ich jetzt den Jonas vor mir habe, diese Geschichten, dass da zum Beispiel messerscharf plötzlich Jonas kommt, mit Atmo drunter, er erklärt irgendwas: Sam ist mein Computer, bla ... zack und schon ist man wieder im Büro bei ihm und es geht weiter mit der geheimnisvollen Klientin, die also mit dem Fall da um die Ecke kommt. War das alles so im Skript gestanden oder war das 'ne Geschichte, die dann so montiert wurde?

Michael Koser: Nein, das stand genauso im Skript. Ich habe immer Striche gezogen, das hieß dann, Jonas jetzt als Monolog, und dann ging es wieder zur Szene, nicht. Das war schon alles so geplant. Man muss ja, wenn man ein Hörspiel schreibt, wo man nichts zeigen kann ... das muss ja erklärt werden. Das ist 'ne ganz praktische, technische Frage, das hat mit Kunst überhaupt nichts zu tun.

Und deswegen spielt Hutchinson Hatch diese Rolle bei Van Dusen. Er macht die Zwischentexte. Er sagt, wir kommen jetzt da und da hin und jetzt passiert das und das und wir sind jetzt ... wir stehen jetzt hier, da und da und man sieht Folgendes, sogar ... er muss ja sogar optisch beschreiben, manchmal. Und Jonas macht das selbst bei sich. Und sehr viel knapper natürlich.

hörBAR: Haben Sie noch Fälle übrig? Gibt's noch was in Kosers Schublade aus Jonas?

Michael Koser: Jonas ist ja ... hat ja ein etwas abruptes Ende gefunden. Ich hatte den Plan gehabt ... es sollten 45 Folgen werden. Ich wollte also ... 40 Folgen sind's geworden, nicht. Danach wollte ich noch eine Viererstaffel machen und dann eine Abschlussgeschichte. Und diese fünf sind – zumindest im Konzept – vorhanden.

Aber das ging nicht mehr, weil dann eine neue Leitung im Bayerischen Rundfunk kam und als Erstes den Jonas abgeschafft hat. Weil sie sagten, der ist zu teuer, wir brauchen das Geld für unser Musil-Projekt, für unser Brinkmann-Projekt, und wir können dann leider uns das nicht mehr leisten.

Sie haben mir angeboten, den letzten Jonas doch noch zu produzieren. Aber ich war dann auch so verärgert über diese ganze Geschichte, dass ich das nicht mehr wollte.

hörBAR: Kann es jetzt sein, dass Sie im Zuge dieser Wiederveröffentlichung auf CD dann noch mal was nachlegen?

Michael Koser: Ja, wer sollte das produzieren? Ob der Hörverlag das macht, weiß ich nicht. Wir wissen ja gar nicht, ob der Hörverlag alle Jonas-Folgen, soweit sie beim Bayerischen Rundfunk gelaufen sind, machen wird. Das hängt ein bisschen davon ab, wie die ersten sich verkaufen und das wird man sehen müssen.

hörBAR: Lassen Sie uns über den Trivialvorwurf sprechen, der immer wieder auftaucht. Krimis sind trivial, Science-Fiction ist sowieso trivial ... gern auch ein Thema so in den 80er-Jahren gewesen, als Science-Fiction ja groß war. Und das hat Sie auch betroffen mit Ihren Hörspielen. Was ich nicht verstehe, ist, wie kann ... also eine Stunde Zuhören, da ist Spannung, da ist Unterhaltung drin, auch auf hohem Niveau ... wie kann das trivial sein? Hat man Ihnen das jemals erklärt, haben Sie das jemals verstanden?

Michael Koser: Eigentlich habe ich es nicht verstanden. Mein Prinzip war ... ich habe mich also um literarische Wertigkeit nicht gekümmert. Ich habe versucht, intelligente Unterhaltung zu machen in meinen Hörspielen. Wobei beides wichtig war, Unterhaltung und Intelligenz ... also jetzt auf einem gewissen Niveau.

Es ist heute eigentlich noch so, dass Hörspielabteilungen am liebsten in ihren Krimisendungen – die sie haben, weil das eben beim Publikum gut ankommt – Bücher bearbeiten. Bücher, die sehr im Gespräch sind. Donna Leon zum Beispiel oder so was. Oder klassische Krimis machen, Ricarda Huch und solche Sachen. Dann haben sie das Gefühl, das ist doch von einer gewissen literarischen Wertigkeit.

Das Schlimmste, was man machen kann, habe ich gemerkt, ist, Reihen zu schreiben. Mir haben also zwei Leute gesagt: Ja das, was Sie da machen, ist ja so was wie ein Groschenroman.

hörBAR: Haben Sie dann immer fürs Radio gearbeitet?

Michael Koser: Nein, ich hab auch ein paar andere Sachen nebenbei gemacht. Ich hab mal 'ne Buchreihe herausgegeben im Fischer-Verlag. Auch Trivial-, alte Trivialliteratur, die hieß das Schmökerkabinett. Die lief so zwei Jahre lang. Dann hab ich mal ein bisschen Film gemacht ... am Drehbuch eines Films mitgeschrieben und wollte auch mal ins Fernsehen.

Als damals, das ist jetzt lange her ... als die Planung für die Tatort-Serie lief, da habe ich mich dafür interessiert, bin auch mal nach Köln gefahren, hab mit dem leitenden Redakteur da gesprochen. Und als der mir sagte, wir lassen grundsätzlich unsere Manuskripte fünfmal umschreiben, da hab ich dann gesagt: Ach nee, bleib ich lieber beim Radio, da schreibt mir keiner was um und ... das Geld ist zwar nicht so toll wie bei euch, aber ich kann machen, was ich will.

hörBAR: Überrascht es Sie, dass vieles aus Ihrer klassischen 80er-Jahre-Serie, die ja Jonas für mich ist, Wirklichkeit geworden ist? Das schöne Beispiel mit dem Euro ... aber auch sonst ist es ja eigentlich, wo man sich denkt, wau, geht ja so, in genau die Richtung.

Michael Koser: Das war ja das, was ich bei Jonas eigentlich wollte. Ich hab mir angeguckt die Zeit, in der wir lebten, damals, 80er- und 90er-Jahre, und ich habe also bestimmte Entwicklungslinien ... die schon sichtbar waren, natürlich ... ich meine, ich bin zwar kein Futurologe und kein Prophet, aber bestimmte Dinge sah man ja schon: Umweltprobleme, Bevölkerungsprobleme, das zunehmende Alter, die Probleme der Sozialversicherung, alles das.

Und hab das ein bisschen übertrieben, überspitzt dargestellt und dann in die nahe Zukunft verlegt. Die inzwischen ja schon fast da ist, nicht. Der erste Jonas spielt 2009 und da haben wir es nicht mehr so weit.

hörBAR: Die Euro-Geschichte, war das Zufall?

Michael Koser: Das war Zufall. Ich habe mir überlegt, wenn es schon dann die Vereinigten Staaten von Europa gibt, die es ja bis heute nicht gibt, wie Sie wissen, nur so 'ne Art Vorstufe, dann gibt es aber doch eine gemeinsame Währung. Wie könnte die heißen, nicht? Und dann dachte ich, ja warum nicht Euro.

hörBAR: Jonas war nicht der Grund dafür, dass der Euro jetzt Euro heißt?

Michael Koser: Nein, leider nicht. Und wenn ich geahnt hätte, was passiert, hätte ich mir die Marke Euro schützen lassen und dann würde ich jetzt irgendwo, ich weiß nicht ... auf irgendeiner tropischen Insel vielleicht in einer grandiosen Villa leben und mich langweilen.

hörBAR: Ich glaube hier ist es fast schöner in Bremen.

hörBAR: Wenn Sie jetzt 'ne Serie konzipieren würden: 2040. Ist das sowas, wo Sie manchmal darüber nachdenken, wie ist es dann, wie geht's weiter ... der nächste Schritt in der Zeit oder auf der Zeitlinie?

Michael Koser: Ich glaube nicht, dass ich noch eine Serie konzipieren würde. Für 2040 eigentlich auch nicht. Nein, nach mir die Sintflut.

hörBAR: Welche Hoffnungen und Wünsche, ich sag's jetzt mal sehr hoch formuliert, verbinden Sie mit der Wiederveröffentlichung von Jonas auf CD beim Hörverlag?

Michael Koser: Dass es sich gut verkauft. Dass der Hörverlag die ganze Reihe produzieren wird. Denn natürlich, wenn eine Reihe im Rundfunk abgelaufen ist, dann ist sie vorbei. Und ich bin sicher, dass der Bayerische Rundfunk, so wie er jetzt geartet ist, die Reihe nicht mehr wiederholen wird. Auch nicht mehr einzelne Folgen. Die waren heilfroh, dass sie sie losgeworden sind.

hörBAR: Also ich muss jetzt mal kurz ausholen. Ich habe Jonas gehört, als ich klein war. Wie alt war ich da, 15, 16 ... war Donnerstag Abend immer Krimitermin bei uns in Bayern, also in ... ich komme aus Nürnberg. Und da war immer so'ne heilige Zeit, an dem Abend war ich daheim gesessen und hab also Jonas gehört. Und jetzt ... fand ich das damals schon immer sehr brutal, wobei ich ja dann im Endeffekt jetzt rückblickend weiß, Sie haben's ja nicht für Kinder geschrieben, sondern es war ja ein Erwachsenen-Hörspiel. Trotzdem ist Jonas schon knackig, eigentlich so, was den Brutalitätslevel angeht. Gab's da jemals Rückmeldungen?

Michael Koser: Ein paar Mal gab's Schwierigkeiten. Im Sender selbst, dass da so der Redakteur sagte: Na, kann man das nicht ein bisschen runter bringen. Und auch bei Hörern, schon, gab's das. Ich kann mich an eine Geschichte erinnern, sie hieß Weihnachtsmärchen, die war ziemlich brutal. Und da war natürlich der Gegensatz des Titels mit dem Inhalt, der ... offenbar sind Leute da mit falschen Erwartungen an die Geschichte gegangen.

Aber Jonas sollte immer mindestens härter werden als Van Dusen und auch 'ne ganz andere Geschichte, nicht. Und wenn man sich die Zukunft überlegt, dann ... also ich konnte jedenfalls nicht anders, als diese Art von Geschichten schreiben.

hörBAR: Stichwort Internet. Da passiert ja viel, da ist ja Jonas ... und auch Professor van Dusen sind ja da lebendig. Ist es 'ne Geschichte, die Sie verfolgen?

Michael Koser: Ein bisschen am Rande. Ich bin eigentlich ein Internet-Muffel und hab selbst keinen Computer. Meine Partnerin hat einen und guckt ab und zu mal für mich rein.

hörBAR: Gegenüber ist ein Internet-Café, vor Ihrem Haus.

Michael Koser: Auch das. Ja, da könnte ich auch. Wenn ich mit dem Ding umgehen könnte, könnte ich da mal hingehen. Nee, im Allgemeinen nicht.

hörBAR: Es heißt, weil wir es vorhin hatten ... wie arbeiten Sie? Mit Büchern, also nicht so die Internet-Nummer, sondern ...

Michael Koser: Nein, mit Internet arb... als ich anfing, gab's das ja noch gar nicht. Ich arbeite mit Büchern, am liebsten mit meinen eigenen. Deswegen hab ich auch so viel. Weil man ja nie weiß, wann man mal plötzlich ein Buch – zum Beispiel über Glockenkunde – gebrauchen kann. Ich hab zwei darüber, hab sie nie irgendwo einsetzen können, aber vielleicht kommt das ja noch mal.

hörBAR: Stellen Sie sich vor, Sie feiern eine Gartenparty und haben drei Gäste frei, die an diesem Tag für Sie und Ihre Freundinnen und Freunde da sind. Musiker können live spielen, Autoren können lesen, Artisten können Quatsch machen. Wer würde auf Michael Kosers Gartenparty eingeladen werden? Der Clou ist: Leichen willkommen, d.h. Künstler, die schon tot sind, Musiker, die's so nicht mehr gibt, Bands, die's so nicht mehr gibt, dürfen auch zurückkehren.

Michael Koser: Also zunächst einmal, glaube ich, würde ich keine Gartenparty veranstalten. Ich bin kein Partymensch und eher asozial veranlagt. Also dafür bin ich nicht zuständig. Wenn ich jemanden einladen könnte, wäre es wahrscheinlich Charles Dickens, Jacques Offenbach, ja – und Lebende auch? – Emmylou Harris.

hörBAR: Hört sich doch nach einer guten Gartenparty an, auch wenn sie nur für Sie allein ist.

Michael Koser: Sehr gemischt, nicht?

 


© 2006 Michael Koser, Gerd Pircher, Lars Vollbrecht