Mit Jonas, dem letzten Detektiv, bin ich fertig – dank
Dr. Martin Bahr und seinem grandiosen Unternehmen. Was ist mit Professor
van Dusen? Genau genommen habe ich mit ihm schon zweimal abgeschlossen:
vor 27 Jahren mit "Die Erde hat ihn wieder" und mit "Van
Dusens größter Fall" vor 10 Jahren. Trotzdem hatte
ich das Gefühl, daß ein richtiger Abschluß, mit
dem ich zufrieden sein konnte, noch immer fehlt.
"Die Erde hat ihn wieder" war kein Ende, sondern
ein Versuchsballon, der zu einem neuen Anfang führte. Und der
"Größte Fall"? Der lag und liegt mir immer
noch schwer im Magen. Nicht das Hörspiel selbst, das ist in
Ordnung, eine achtbare Van-Dusen-Geschichte. Es geht um das Drum
und Dran, vor allem um die kuriose Veranstaltung in Wilhelmshaven,
bei der die Radio-Funktionäre, die alles getan hatten, mich
und meine Arbeit aus dem Sender zu entfernen, mich in feierlichen
Reden offiziell hochleben ließen.
Das konnte und durfte nicht das Ende der "Denkmaschine"
sein. Darum habe ich seit 2000 immer mal wieder an dem wirklich
und wahrhaftig allerletzten Auftreten van Dusens gearbeitet. Ich
habe mir was einfallen lassen, habe recherchiert, angefangen zu
schreiben, aufgehört, wieder angefangen, wieder aufgehört...
Von Beginn an war mir klar: Es konnte nicht darum gehen,
den Professor noch einmal, diesmal aus den Wogen des Atlantik, auferstehen
zu lassen – das wäre schlicht albern. Aber irgendein Fall,
ein Lückenfüller in der Chronik, konnte es auch nicht
sein. Und schon gar nicht etwas in der Richtung "Wie alles
begann", mit Klein-Augustus im Kindergarten.
Was dann? Es mußte eine Van-Dusen-Geschichte ohne
den leibhaftigen van Dusen sein – eine Quadratur des Kreises. Aber
unbedingt eine Geschichte mit dem leibhaftigen Hutchinson Hatch.
Schon, weil ich mit Mr. Hatch sehr viel besser stehe als mit dem
großen Amateur-Kriminologen, der das, was ihm an Menschlichkeit
und Gefühl fehlt, durch Arroganz und Selbstüberschätzung
kompensiert.
Es gab also bereits eine Art allerletzten Van-Dusen-Fall,
eine Sammlung von Ideen, Fakten, fragmentarischen Szenen in meiner
Mappe. Dann kam das Jahr 2008. Die Hamburger Jonas-Aktion hat mich
angeregt und beflügelt – und so habe ich mich denn nach einigem
Zögern entschlossen, nun auch einen für mich akzeptablen
Schlußstrich unter die Van-Dusen-Saga zu ziehen.
Jetzt ist sie fertig, die Geschichte mit dem Titel "Hutchinson
Hatch und die Stimme aus dem Jenseits". Was ich geschrieben habe,
ist kein Hörspiel. Ein Van-Dusen-Hörspiel ohne Friedrich W.
Bauschulte ist nicht möglich. Ich habe eine richtige Geschichte
geschrieben, eine Prosa-Erzählung – natürlich mit vielen Dialogen
(das bleibt nicht aus bei einem hauptberuflichen Hörspiel-Autor),
aber auch mit Texten davor, danach und dazwischen. Durch meine
Kinderbücher hatte ich in dieser Art des Schreibens zum Glück
schon einige Übung.
Es ist eine Geschichte, die, wie ich finde, ein klein wenig
ernsthafter ist als ein "normaler" Van-Dusen-Fall, insofern
dem letzten Jonas-Fall durchaus vergleichbar. Es steckt mehr drin,
es ist so etwas wie eine Summe der Reihe geworden, mit vielen Zitaten,
direkten und indirekten Anspielungen, bekannten Personen und Motiven.
Für mich ist die Geschichte der würdige Abschluß
der langen, erfolgreichen Reihe um Professor van Dusen. Ich hoffe,
ich enttäusche die Fans nicht zu sehr, wenn ich hier kategorisch
feststelle: Weitere Van-Dusen-Fälle wird es nicht geben. Die
Chronik ist abgeschlossen – mit dem Professor bin ich fertig.
Auch Jonas wird – dies nur nebenbei – keine neuen Abenteuer
mehr erleben. Vor einem halben Jahr in Hamburg war ich mir dessen
noch nicht ganz sicher. Jetzt bin ich es. An einem fertigen Bild
soll man nicht mehr herummalen.
Aber da gibt es ja noch eine dritte Radiokrimi-Reihe. Mein
spätgeborenes Kind "Cocktail für Zwei" habe
ich besonders geliebt – und ich habe besonders darunter gelitten,
daß die Reihe abgewürgt wurde, bevor sie sich richtig
entwickeln konnte. 8 Folgen, mehr durfte ich nicht schreiben, mindestens
20 bis 24 hatte ich konzipiert. EINE Folge, die 9., als Abschluß
ist absolut unmöglich.
Durchaus möglich wäre hier aber, was im amerikanischen
Film- und TV-Business "prequel" heißt, die Vorgeschichte
von "Cocktail für Zwei": Wie lernten Cora und Felix
sich kennen, wie taten sie sich zusammen, was waren ihre ersten
Abenteuer? Dazu habe ich genug Ideen und Material. Vielleicht fange
ich demnächst damit an.
Michael Koser, Mai 2009